Das Lernen Zuhause…
Es gibt durchaus Kinder, die mit dem Lernen Zuhause sehr gut zurechtkommen. Es gibt auch die Lehrer/innen, die engagiert den Kontakt zu ihren Schülern halten und passgenaue Aufgaben stellen. Doch wir hören leider auch immer wieder, dass Kinder mit den Aufgaben aus der Schule überfordert sind. Sie fangen nicht an, gehen in die Verweigerung und beklagen sich, dass die Aufgaben zu schwer seien.
Schauen Sie sorgfältig und mit Verständnis: Entsprechen die Hausaufgaben wirklich dem Lernstand Ihres Kindes? Es kann gut sein, dass Ihre Kinder mit den Aufgaben überfordert sind und alleine nicht wissen, wie sie diese lösen sollen. Dass sie sich vor einem unüberwindbaren Berg an Aufgaben sehen.
Was Ihre Kinder jetzt brauchen, ist Verständnis. Denn die Reaktion der Kinder, sich vor Aufgaben zu drücken, die ihnen zu schwierig erscheinen, Dinge nicht angehen zu wollen, die sie alleine scheinbar nicht schaffen können, ist vollkommen normal und nachvollziehbar. Das machen wir Erwachsenen übrigens genauso.
Besser als Druck zu machen, wäre es immer, zu schauen, wie man die Lerninhalte für die Kinder verständlich machen kann. Herauszufinden, wo sich inhaltliche Stolpersteine verstecken, ist in solchen Momenten der effektivste und stressfreie Weg. „Gibt es ein Wort, das mein Kind nicht versteht? Beherrscht mein Kind wirklich alles sicher, was es benötigt, um diese Aufgabe lösen zu können?“ Schauen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind nach Stolpersteinen und räumen Sie sie spielerisch aus dem Weg.
Dazu kommt: „Beziehung steht immer vor Lernen“. Wenn das Kind also aus irgendeinem Grund Stress hat, wird sein Kopf nicht frei sein für das Lernen. Hatte das Kind Streit, fühlt es sich unter Druck gesetzt, macht es sich Sorgen – dann ist der Kopf für das Lernen nicht frei! Auch da „funktionieren“ wir Erwachsenen genauso. Es ist also kein Grund für einen Vorwurf, sondern ein Grund, um gemeinsam zu schauen, wie das Kind sich wieder entspannen kann.
Zeit für Automatisierung!
Vielleicht stellen Sie fest, dass es Aufgaben gibt, die trotz häufiger Wiederholung immer noch nicht sitzen. Dann sind diese Aufgaben noch nicht automatisiert!
Automatisiert bedeutet: Eine Aufgabe kann mit Leichtigkeit beantwortet werden – ohne nachzudenken. Die Antwort kommt dann quasi „Wie aus der Pistole geschossen!“
Auf die Frage: „Was sind 3 + 3?“, antwortet Ihr Kind ohne zu überlegen „Natürlich 6!“ Und auf die Frage: „Und, fandst du die Aufgabe schwer?“, würde Ihr Kind antworten “Ne, das war doch babyleicht!“ DAS bedeutet automatisiert.
Automatisierung ist beispielsweise besonders wichtig:
- bei allen Lauten und Buchstaben
- beim Erkennen von Wortbildern (also Wörtern auf einen Blick erfassen zu können)
- bei allen Plus- und Minusaufgaben unter 10
- am Ende der vierten Klasse bei den Einmaleinsaufgaben
Elternaussagen wie: „Wenn er einen guten Tag hat, dann kann er es!“ Oder: „Gestern konnte er es noch und am nächsten Tag ist alles wie weggeblasen!“, sind ein Hinweis darauf, dass die Automatisierung noch nicht abgeschlossen ist.
Das bedeutet: Wenn Inhalte noch nicht automatisiert sind, fallen Sie jedem Kind schwer. Und das heißt, dass das Lernen dann besonders anstrengend ist. Deshalb sollte viel Abwechslung (etwa in Form von Lernspielen) eingebaut werden. Außerdem sollten die Einheiten nicht zu lang sein.
Übrigens können die Kinder, ebenso wie wir, Inhalte leichter abspeichern, wenn sie entspannt sind und Humor bzw. eine gewisse Leichtigkeit im Spiel ist.
In unseren Lernvideos auf unserem „Spielraum lernen“- Youtube Kanal, zeigen wir Ihnen einige Beispiele, wie Lernen entspannt stattfinden kann und was hilft, um Inhalte zu automatisieren.
Sorgen Sie für Flow Erlebnisse!
Was ist ein Flow-Erlebnis? Flow-Erlebnisse haben wir in Momenten, in denen wir etwas aus eigener Kraft, also mit unseren eigenen Fähigkeiten schaffen, ohne dass wir ständig Unterstützung dabei benötigen. Solche Flow-Erlebnisse stärken enorm die Eigenmotivation. Diese Erfahrung setzt im Körper ein Belohnungssystem in Gang, es werden Glückshormone freigesetzt. Umso wichtiger ist es, den Kindern regelmäßig Lernaufgaben zu geben, die ihrem Lernstand auch tatsächlich entsprechen und sie nicht überfordern, sondern ihnen das Gefühl geben: „Das habe ich ganz alleine ohne große Anstrengung geschafft.“
Kennen Sie den Erklärbären?
Sie erklären Ihrem Kind zum wiederholten Mal eine Aufgabe, aber es ist, als wenn Sie gegen eine Wand sprechen.
Dann fallen auch schon einmal Sätze wie: „Du hörst mit überhaupt nicht zu!“ oder „Das hab ich dir doch schon tausend Mal erklärt!“
Was hier passiert ist, ist Folgendes: Sie haben den „Erklärbären“ gezückt, der tief in den meisten von uns verankert ist. Man erklärt etwas, das Kind hört – mehr oder weniger interessiert – zu und auf die Frage „Hast du das verstanden?“ nicken die meisten Kinder. Vielleicht weil sie in dem Moment das Gefühl haben, es verstanden zu haben. Vielleicht auch einfach in der Hoffnung, mit dem Thema dann in Ruhe gelassen zu werden.
Was dieser Erklärbär leider nicht bewirkt, ist, dass Kinder die Inhalte wirklich sicher abspeichern. Eine kurze Erklärung geht zwar schnell, aber sorgt eben allzu häufig nur dafür, dass die Kinder Sie zwar gehört haben, aber schon kurze Zeit später nicht mehr wissen, worum es eigentlich bei dem Thema ging.
Deshalb: Sagen Sie dem Erklärbären zwischendurch mal, dass er eine Pause machen soll!
Was ist die Alternative? Denn reden sollen Sie ja schon mit Ihrem Kind.
Üben Sie sich stattdessen im Stellen cleverer Fragen, die das Kind zum Denken anregen:
„Hast du eine Idee, was du bei der Aufgabe machen musst?“
„Gibt es ein Wort, das dich durcheinanderbringt?“
„Hast du so eine ähnliche Aufgabe schon einmal gesehen?“
„Hast du eine Idee, wen wir um Hilfe bitten könnten?“
Das Stellen cleverer Fragen ist der sicherste Weg, inhaltliche Stolpersteine zu entdecken und diese aus dem Weg zu räumen. Das wiederum ist die Grundlage dafür, dass Inhalte überhaupt verstanden und gesichert werden können.
Gönnen Sie sich eine Pause!
Ein kleiner persönlicher Tipp: Wenn die Kinder dann doch einmal anderweitig beschäftigt sind und für eine Weile nicht Ihre Aufmerksamkeit benötigen, nutzen Sie die Zeit einfach nur für sich. Nicht zum Aufräumen, telefonieren, schnell etwas erledigen.
Ja, ich weiß, es ist manchmal eine kleine Überwindung. Ich kann das „Ja, aber…“ vieler Eltern jetzt schon fast hören. Aber denken Sie wirklich einmal an sich! Legen Sie die Beine hoch! Lassen Sie die Seele baumeln! Trinken Sie in Ruhe einen Kaffee oder dösen Sie nur vor sich hin.
Ich bin überzeugt, dass Sie UND Ihre Kinder davon profitieren werden, einfach schon, weil ein wenig mehr Entspannung herrscht.
In diesem Sinne: Genießen Sie trotz der vielen Herausforderungen Ihre Kinder!
Wir wünschen Ihnen und Ihren Kindern viel Erfolg und Spaß beim Lernen!
Ihre Jutta und Marie Gorschlüter