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Nachgefragt: das Thema Pubertät

Was ist eigentlich Pubertät und welche Konsequenzen bringt diese Phase mit sich?

Pubertät ist eine stürmische Zeit, in der im Gehirn unglaublich viele Umbauarbeiten stattfinden. Es geht zu wie auf einer Großbaustelle: Wände werden eingerissen, alles neu verkabelt, Leitungen neu verlegt und aufgrund des Lärms gehen viele andere Dinge unter. D.h. viele Prozesse, die vorher funktionierten, funktionieren nun nicht mehr oder anders. 

Zum Beispiel wird das Schlafhormon Melatonin viel später ausgeschüttet, so dass Teenies viel später am Abend müde werden und dementsprechend morgens schlecht aus dem Bett kommen, weil das Melatonin bei ihnen morgens noch nicht abgebaut wurde.

Der verschobene Schlafrhythmus ist nur eine von vielen Baustellen, die im Gehirn eines Teenagers nun stattfinden. Sie sind mit einem Mal nicht mehr wie zuvor in der Lage logische Reihenfolgen und Konsequenzen zu überblicken und stehen so insbesondere im Schulalltag vor einem völlig neuen Hindernis. 

Plötzlich ist alles doof und langweilig, der schulische Erfolg ist nicht mehr wichtig und alles wird als anstrengend erlebt. Hobbys und gemeinsame Aktivitäten mit der Familie sind nicht mehr angesagt und Hilfe im Haushalt wird ebenso wie das Aufräumen des eigenen Zimmers zur Privatsache.

Warum ist diese Entwicklungsphase für Eltern so problematisch (oder: Was machen Eltern oft falsch)? 

Mit einem Mal steigt der Aufwand, aus Ihren Kindern eine Reaktion herauszukitzeln drastisch an. Die Teenies sind mit den Gedanken nicht mehr bei Ihnen, sie grübeln und wissen oft selbst nicht worüber eigentlich. Sie sind „nicht Fisch, nicht Fleisch“. Die Eltern sind nun nicht mehr die wichtigsten Personen im Leben der Heranwachsenden. Im Gegenteil: Alle bis zum Beginn der Pubertät erlernten Werte, werden nun hinterfragt und geprüft.

Hier gilt nun: Erziehung geht nicht mehr! Was Sie jetzt brauchen ist BEziehung – und dafür müssen Sie den Dialog mit Ihren Pubertierenden suchen. 

Für den Dialog mit einem Teenie gilt Folgendes: 

  • Keine Vorwürfe, weder offensichtliche noch versteckte
  • Keine Besserwisserei
  • Keine ungebetenen klugen Ratschläge
  • Keine Ermahnungen

Eltern sind aufgefordert ihre eigene Sprache wahrzunehmen und zu überprüfen.

Es geht um eine persönliche Sprache, in der auf Sprüche wie diese weitgehend verzichtet wird: 

 „Beim nächsten Mal machst du sowieso wieder nicht ordentlich mit.“

„Wie soll was aus dir werden, wenn du dich immer so hängen lässt?“

„Kannst du das nicht einfach mal direkt machen, wenn ich dich darum bitte?“

„Von mir hast du das nicht!“

„Hier sieht‘s aus als hätte ‘ne Bombe eingeschlagen.“

„Und wenn der Linus aus dem Fenster springt, machst du das dann auch?“

„Wieso muss ich dir immer aller hinterherschleppen?“

„Benimmst du dich auch so, wenn du bei anderen zu Gast bist?“

Sagen Sie konkret, was Sie von dem Jugendlichen möchten, bringen Sie ihnen Respekt entgegen, teilen Sie ihnen auch Ihre Sorgen und Beweggründe mit und nicht nur die Verbote und Mahnungen. Bekunden Sie Interesse und hören Sie manchmal einfach zu, ohne es gleich zu bewerten.

Es ist die Aufgabe eines Teenagers sich erst einmal von Ihnen abzugrenzen, um selbstständig seinen Weg zu finden. Geben Sie Ihren Teenies das Gefühl, dass sie Ihnen unabhängig von schlechten Noten, Gefühlschaos und dem Stress der Pubertät wichtig sind. 

Wie schwierig ist Pubertät eigentlich für die Heranwachsenden selbst?

Jeder Teenager erlebt erst einmal die Pubertät sehr individuell, aber es gibt gewisse Themen, die fast bei jedem Pubertierenden auftreten.

Der Kampf mit dem eigenen Körper ist eines davon. Es finden zahlreiche physische Veränderungen statt – ob man will oder nicht. Von Pickeln bis hin zu Bartwuchs und veränderten Körperformen. Dies gilt insbesondere im heutigen Zeitalter der modernen Medien und Plattformen, die die Teenager quasi durchgängig unter Druck setzen, sich auf Facebook, Instagram und Co makellos zu präsentieren. 

Die Suche nach dem eigenen Weg und den eigenen Werten und gleichzeitig dem ständigen Anspruch cool zu sein, mithalten zu können und die Anerkennung der Peergroup zu bekommen, stellt für viele einen Balanceakt dar. Denn Image ist in der Pubertät für die meisten Teenies das A und O. Wenn früher ein Kompliment der Eltern für gute Laune sorgte, zählt dies heute nur noch von Gleichaltrigen.

Zur Pubertät gehören ebenso Stimmungsschwankungen, Ängste und Impulsivität, was nicht nur für die Eltern den Alltag oft enorm anstrengend macht.

Um zu überprüfen, wie Teenager die Pubertät empfinden, wäre meine Gegenfrage: Wer von Ihnen als Erwachsene würde freiwillig diese Zeit bei sich selbst noch einmal erleben wollen?

Was sollten Eltern im Umgang mit Pubertierenden beachten?

  • Eltern sollten sich über hormonelle und vor allem neurologische Veränderung, die die Pubertät mit sich bringt, bewusstmachen. 
  • Die Teenies benötigen Ihr Mitgefühl und unsere bedingungslose Liebe in dieser stürmischen Zeit, wo alles neu und anders ist. Denn bedenken Sie: kein Kind geht freiwillig in die Pubertät.
  • Heranwachsende brauchen erwachsene Eltern! Versuchen Sie also nicht der beste Kumpel Ihres Kindes zu sein, Kumpels haben sie bereits, d.h. seien Sie Vorbild und nicht Nachahmer. 
  • Verabschieden Sie sich von der Vorstellung weiter erziehen zu können. Sie brauchen „Beziehung“! Beziehung aber heißt Dialog. Nutzen Sie gute Gesprächssituationen wie zum Beispiel dem Moment vor dem Einschlafen, wenn die Teenies nach einem anstrengenden Tag ohne Handy eingekuschelt im Bett liegen. Dann setzen Sie sich zu Ihnen ans Bett, ignorieren Sie das Chaos im Zimmer und fragen Sie einfach wie es Ihrem Teenie geht. 
  • Reibung erzeugt Wärme. Diskutieren Sie, beziehen Sie Stellung, aber auf Augenhöhe. 
  • Kommen Sie nicht mit zu schnellen Lösungsvorschlägen!
  • Sprechen Sie nicht in der Anwesenheit der Jugendlichen oder im Beisein anderer schlecht über sie.
  • Ermutigung tut gut! Vermeiden Sie Vorwürfe, Besserwisserei, Doppelbotschaften und kluge Ratschläge.
  • Lassen Sie Ihre Kinder Entscheidungen treffen, auch falsche. Es gilt: Wir alle lernen durch Versuch und Irrtum! 
  • Kritisieren Sie niemals die Freunde bzw. den ersten Freund/die erste Freundin Ihres Kindes, auch wenn Sie diesen/diese überhaupt nicht mögen.
  • Haben Sie Verständnis für den Gruppendruck, dem die Kinder ausgesetzt sind. D.h. nicht, dass es keine Regeln und Kompromisse gibt. Formulieren Sie Ihre Sorgen und Beweggründe.
  • Vertrauen Sie den Werten, die Sie vermittelt haben!

Bei all dem Chaos, den Konflikten und Herausforderungen, die die Pubertät mit sich bringt, bedenken Sie jedoch eins: Es ist eine stürmische Zeit, aber es gibt einen Anfang und … EIN ENDE!!

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